Als Nachbarn zu „Volksfeinden“ wurden
Hoferstraße 23
Henriette Eichengrün wurde am 23. August 1878 in Westfalen geboren, Adolf Ottenheimer am 4. Februar 1870 in Gemmingen. Er zog mit seinen Eltern 1872 nach Ludwigsburg, wo er das einjährige Examen ablegte und dann mit Alteisen und Metallen, mit Lumpen sowie mit Vieh handelte. Am 11. März 1907 schlossen Adolf und Henriette in Westfalen die Ehe und ließen sich in Ludwigsburg nieder. Am 15. Februar 1908 wurde ihre Tochter Ruth geboren.
Die Familie Ottenheimer wohnte ab 1934 in der Hoferstraße 23, die damals nach dem nationalsozialistischen Gauleiter und Reichsstatthalter Wilhelm Murr benannt war. Adolf handelte weiterhin mit Vieh und auch en gros mit Alteisen.
Ab 1938 wird auch das Ehepaar Ottenheimer Opfer des nationalsozialistischen Rassenwahns. Adolf muss seinen Betrieb einstellen und beide müssen den Judenstern tragen, um als „Volksfeinde“ erkennbar zu sein. Sie beschließen, Deutschland zu verlassen und beantragen Reisepässe; ihre Tochter Ruth besorgt von New York aus Visa und Schiffskarten nach New York, aber die nationalsozialistische Regierung verweigert die Ausreise.
Am 21. August 1942 beginnt für Henriette und Adolf Ottenheimer die qualvolle Fahrt in den sicheren Tod. Sie werden ins Ghetto Theresienstadt und dann ins Konzentrationslager Treblinka verfrachtet. Dort erwartet sie der Todestransport in das Vernichtungslager Maly Trostinec bei Minsk. Das Ludwigsburger Ehepaar Henriette und Adolf Ottenheimer kommt am 5. Oktober 1942 an diesem Ort des Grauens an – sie werden wie die anderen Deportierten sofort erschossen und in ein Massengrab geworfen.
Andreas Nothardt
Bildmontage unter Verwendung von Portraits von Henriette und Adolf Ottenheimer aus dem Bestand des Stadtarchivs Ludwigsburg