Hermann und Selma Katz

Das Ehepaar aus der Schuhhandlung wurde „abgeholt“

Mörikestraße 14

Ein Bild von Selma Katz (Foto aus Familienbestand)

Das Wohnhaus in der Mörikestraße 14

Über das Ehepaar Katz selbst wissen wir sehr wenig, über die recht weit verzweigte Familie etwas mehr. Hermann Katz wurde 1880 in Lubatschow in Polen geboren, seine zweite Frau Selma 1886 in Darmstadt.
Die Familie Katz war zunächst in Karlsruhe ansässig, hier wird 1913 die Tochter Rosa geboren, sie starb Anfang der 1950er Jahre in den USA. Dann zog die Familie nach Esslingen, wo in den frühen 20ern ein Wohnsitz und Geschäftstätigkeiten nachgewiesen sind. Hermann Katz schien in Deutschland angekommen zu sein: er war auch Mitglied einer Faschingsgesellschaft.
In Ludwigsburg wohnte die Familie erst in der Martin-Luther-Straße 4, am 1. September 1933 zog sie in die Mörikestraße 14 ins Erdgeschoss.
Zu diesem Zeitpunkt betrieb das Ehepaar bereits das „Schuhhaus im Zentrum“ in der Körnerstr. 8/1, heute Fa. Oberpauer. Gegenüber lag das damals größte Kaufhaus in Ludwigsburg. Das Geschäft geht gut, sie haben Angestellte.
In Boykottaufruf der NSDAP vom 1. April 1933 wird das Geschäft genannt. Das Ehepaar hält durch, aber 1937 werden die Geschäftsräume gekündigt, es gibt im Herbst 1937 einen Ausverkauf. Am 21. August 1938 bestätigt Hermann Katz dem Polizeiamtsvorstand, dass er kein Geschäft mehr habe, er habe nur noch gelegentlich „Nachbestellungen von Kunden, die mich in meiner Wohnung aufsuchen.“ Die IHK und der Polizeivorstand Ludwigsburg melden Vollzug: die Firma Katz hat zum 1.10.1938 den Betrieb eingestellt. Das Geschäft bekommt den arischen Inhaber Paul Zaiss.
Am 27. Oktober 1938 ergeht vom Württembergischen Innenministerium der Befehl, alle polnischen Staatsangehörigen zu deportieren. Hermann Katz hat einen polnischen Pass. Einen Tag später, am 28. Oktober wird er mit seiner Frau deportiert.
Im Entschädigungsprozess, der zum Teil beschämende Formen hatte, erfahren wir Genaueres über das Schicksal von Hermann und Selma Katz. Eine Zeugin erklärt, dass beide im Hause ihrer Eltern gewohnt haben, bis sie „von den Massenmördern ermordet worden sind“. Das war im Januar 1943.
In Ludwigsburg gibt die Vermieterin, Frau Grabenstein, zu Protokoll, dass Hermann und Selma von der Gestapo abgeholt wurden. Sie sagt: „Zwei Tage später kam der Bruder des H. Katz und wir gingen in die Wohnung. Das Abendessen stand noch auf dem Tisch.“

Christian Rehmenklau

Das Schuhgeschäft in der Stadtmitte trägt auf diesem Bild schon den Namen des nachfolgenden Inhabers. (Foto Archiv Fa. Oberpaur)