Marta Pfitzer

geb. Vanderdell

Krank geworden an den Folgen des Kriegs

Keplerstraße 10

Geboren ist Marta Pfitzer am 6. Oktober 1891 in Freudenstadt. Sie ist das siebte von acht Kindern. Ungewöhnlich an ihrem Lebenslauf: Sie heiratet am 28. Februar 1914 in London. Ehemann ist Eugen Pfitzer, geboren 1883 in Bruch in Kreis Backnang, sein damaliger Beruf war Kellner.

Später arbeitet er als Fabrikaufseher bei der Firma Heinrich Franck Söhne in Ludwigsburg. Sie haben vier Kinder: Eugen (*1914), Richard (*1921), Johanna (*1922) und Else (*1926). Die Wohnung der Familie war in der Keplerstraße 10.

Als Todesdatum verzeichnet das Familienregister in Freudenstadt den 17. Juni 1940 – dieses Datum ist gefälscht: Marta wurde am 4. Juni 1940 nach Grafeneck verschleppt und am selben Tag umgebracht.

Das Bezirkskrankenhaus Ludwigsburg hatte 1930 die „Verbringung der Geisteskranken in eine Irrenanstalt“ beantragt. Als um Kosten für die Unterbringung in der Anstalt Weinsberg gestritten wurde, argumentierte ein Anwalt: Eugen sei  als deutscher Soldat von 1914 bis 1919 in englischer Gefangenschaft gewesen und Marta habe den Haushalt und das neu geborene Kind alleine versorgen müssen. Ihre Erkrankung sei ausschließlich auf die Folgen der Kriegsjahre zurückzuführen.

1938 hält die Anstalt Weinsberg fest: „Die Frau im ganzen allmählich etw. ruhiger, aber doch nicht wesentlich verändert, zu manchen Zeiten freundlich und lässt eine paar vernünftige Worte mit sich reden. Auch strebsam und fleißig, putzt aus eigenem Antrieb tägl. das Badezimmer der Abteilung. Steht aber nach wie vor unter Wahnideen, hat lebhafte Gefühlstäuschungen, lautes Schimpfen. Es vergeht keine Tag ohne solche Szenen. Von einer Heimholung ist dringend abzuraten.“

Am 8. Juni 1940 teilt die Heilanstalt Weinsberg der Ortsfürsorge Ludwigsburg mit, dass Marta Pfitzer im Rahmen umfangreicher Verlegungen, die mit der Kriegslage zusammenhingen, in eine andere Anstalt verlegt wurde. Dies war Grafeneck, wo sie ermordet wurde.

Christian Rehmenklau