Antonie Orthal

Keine letzte Rückkehr nach Ludwigsburg

Meraner Straße 3

Antonie Orthal, genannt Toni, wurde am 23. November 1887 als Tochter von Adolf und Fanny Elsas in Ludwigsburg geboren.

Am 29. Juli 1910 heiratete sie Dr. Heinrich Orthal, einen Rechtsanwalt aus Nürnberg. Ihre zwei Kinder Eugen, geboren am 1. September 1911, und Berthold, geboren am 23. August 1916, wanderten im Jahr 1935 nach Palästina aus, um in einem Kibbuz zu leben und zu arbeiten.

Der plötzliche Tod ihres Mannes Heinrich 1934 veranlasste Antonie, zurück nach Ludwigsburg zu ziehen. Zusammen mit ihr kam ihre Mutter Fanny, die nach dem Tod ihres Mannes Adolf 1933 bei Antonie in Nürnberg gewohnt hatte, ebenfalls zurück nach Ludwigsburg. Antonie Orthal lebte zuletzt in der Meraner Straße 3. Ihre Söhne besuchte sie 1937 und 1938 in Palästina, kam jedoch jedes Mal zurück nach Ludwigsburg, um ihre Mutter zu pflegen.

Nach der Pogromnacht 1938 beschlossen die beiden Frauen, ebenfalls nach Palästina auszuwandern. Im Jahr 1939 gelang Antonies Mutter unter großem Glück noch die Ausreise, Antonie dagegen musste in Deutschland bleiben.

Der zwangsweisen Umsiedlung in das jüdische «Altersheim» in Eschenau 1941 folgten kurze Aufenthalte in Stuttgart, Haigerloch und Oberdorf. Dort wurde auch ihr gesamtes Vermögen beschlagnahmt.

Am 22. August 1942 wurde sie ins KZ Theresienstadt deportiert und war dort als Krankenschwester tätig. Bei ihrer Arbeit versorgte sie unter anderem ihren Onkel Max Elsas, der zur gleichen Zeit nach Theresienstadt deportiert worden war und dort nach wenigen Wochen starb.

Am 19. Oktober 1944 wurde Antonie Orthal mit dem Todestransport «Es» nach Auschwitz verschleppt und dort ermordet.

Schüler/innen und Schüler des Geschichtskurses 2007/2008 am Goethe-Gymnasium Ludwigsburg

 

Bei der Verlegung des Stolpersteins für Antonie Orthal im September 2008 trugen die Schülerin Lisa Graf und Geschichtslehrerin Verena König unter anderem vor:

«(…) Als ich begann, mich mit dem Menschen Antonie Orthal zu beschäftigen, fiel mir zuerst auf, wie hilfsbereit sie sich, ungeachtet ihrer persönlichen Situation, gegenüber anderen Menschen verhielt und wie sehr sie sich um ihre Familie kümmerte. Sie ermöglichte ihren beiden Söhnen die Auswanderung nach Palästina, blieb jedoch selbst zurück, um ihre kranke Mutter zu pflegen.

(…) Woher könnte Antonies Liebe zu den Menschen kommen? Sicher hatte sie als Tochter der angesehenen Familie Elsas in Ludwigsburg eine behütete Kindheit. Als sie 1887 geboren wird, existiert die Höhere Mädchenschule, das heutige Goethe-Gymnasium, als Städtische Schule fünf Jahre und bietet den Mädchen eine gute Bildung.

Ausgerichtet war diese auf ein Leben als Ehefrau und Mutter. Zehn Prozent aller Schüler/innen waren Töchter jüdischer Bürger der Stadt Ludwigsburg. Gerade diese wollten diese Bildung für ihre Töchter.

(…) Für uns Ludwigsburger ist besonders bemerkenswert, dass es Antonie immer wieder nach Ludwigsburg zurück zog. (…)»

Fotos oben: Portrait Antonie Orthal, Original aus dem Stadtarchiv Ludwigsburg.
Verlegung des Stolpersteins für Antonie Orthal am 27. September 2008, unter anderem mit Ludwigsburgs Erstem Bürgermeister Konrad Seigfried.