Albertine Mathilde Reichert

Ein friedliches Leben durfte nicht friedlich enden

Elmar-Doch-Str. 33

Albertine Mathilde Reichert kommt am 15. August 1866 in Ludwigsburg zur Welt. Sie ist die Tochter des Schuhmachers Michael Meffert und seiner Frau Luise. Hier, in Ludwigsburg, wächst sie auf. Sie heiratet 22-jährig im August 1887 den drei Jahre älteren Postmeister Wilhelm Reichert, ebenfalls aus Ludwigsburg. 1889 kommt ihr Sohn Rudolf zur Welt. Das 1894 geborene Töchterchen Mathilde wird nur wenige Monate alt. 1896 zieht die Familie nach Sontheim bei Heilbronn, wo im Jahr 1900 der zweite Sohn Willy geboren wird.

Weitere Informationen zu Albertine und Wilhelm Reichert sind erst wieder durch den Rückzug nach Ludwigsburg aus Willsbach im März 1925 bekannt. Wilhelm Reichert ist Postmeister a.D. und Eigentümer des Gebäudes Paulinenstrasse 33, in der heutigen Elmar-Doch-Strasse.

Im Jahr nach dem Tod ihres Mannes 1936 zieht Albertine Reichert im August 1937 zum älteren Sohn nach Stuttgart. Doch nur zwei Monate später kehrt sie im Oktober wieder in ihr Haus nach Ludwigsburg zurück. Der bis dahin einzige Hinweis auf eine Erkrankung Albertine Reicherts ist einer Fürsorgeakte im Stadtarchiv Ludwigsburg vom Juni 1938 zu entnehmen. Nach einem einwöchigen Aufenthalt im Kreiskrankenhaus Ludwigsburg wird Albertine Reichert am 21. Juni 1938 in die Heilanstalt nach Weinsberg überwiesen. Der Anlass für die Unterbringung dort wird mit der Diagnose „arteriosklerotische Demenz“ angegeben. Es ist ihr erster Aufenthalt in einer Heilanstalt.

Dort lebt sie zwei Jahre, bis zum 19. August 1940. Unter diesem Datum steht im Ausgangsbuch der Heilanstalt hinter ihrem Namen „ungeheilt entlassen“. Die Wahrheit ist, dass an diesem Tag ein Transport mit Patienten aus Weinsberg in die Tötungsanstalt nach Grafeneck gebracht wird. Darunter befindet sich auch Albertine Reichert. Noch am gleichen Tag wird sie, gemeinsam mit den anderen Patienten, in Grafeneck durch Giftgas ermordet.

Gudrun Karstedt