Dr. David und Selma Schmal

Angesehene Bürger wurden ausgegrenzt

Myliusstraße 6

Als am 16. Mai 1944 der Transport Ea 567 von Theresienstadt nach Auschwitz rollte, befanden sich auch Dr. David Schmal (*1870) und seine Ehefrau Selma (*1882) aus Ludwigsburg in einem der verriegelten Transportwaggons. Von da an verlieren sich die Spuren. Es war ein Todestransport, und die Menschen wurden in den Tagen darauf ermordet. Häftlings- und Transportlisten der NS-Schergen sind die letzten Dokumente, auf die sich auch das Gedenkbuch des Bundesarchivs in Koblenz und die Dokumentation der Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem berufen. Dr. David Schmal starb im Alter von fast 74 Jahren zusammen mit seiner Frau in den Gaskammern von Auschwitz-Birkenau.

Angesehene Ludwigsburger Familie

David Schmal war der Sohn des angesehenen Lehrers und Vorsängers Abraham Schmal und seiner Frau Hanna. Sie zogen 1878 von Nordstetten bei Horb nach Ludwigsburg. Abraham Schmal wurde 1907 vom württembergischen König die Verdienstmedaille des Kronordens verliehen. Er starb im August 1920, nachdem seine Frau bereits 1919 auf dem israelitischen Friedhof in Ludwigsburg beigesetzt worden war.
David Schmal wurde nach seinem Studium 1894 zum Dr. med. promoviert und betrieb danach eine Praxis als Spezialarzt für Frauenkrankheiten, zuletzt in der Myliusstraße 6, wo sich auch die letzte frei gewählte Wohnung der Familie befand.
Im Jahr 1904 heiratete er Selma Emanuel aus Obrigheim. Das Ehepaar bekam zwei Söhne: Kurt starb 1906 bei der Geburt, Heinrich kam 1907 zur Welt. Er überlebte das Menschheitsverbrechen, das man Holocaust nennt.

Diskriminierung, Boykott, Deportation

Die Diskriminierung und soziale Ausgrenzung der jüdischen Mitbürger nahm nach dem Erlass der Nürnberger Rassengesetze immer mehr zu, der allgemeine Boykott gegen jüdische Ärzte erschwerte die Berufsausübung. Das endgültige Berufsverbot durch die Nazis im Juli 1938 machte ärztliches Wirken schließlich unmöglich.
Nach der Pogromnacht, in deren Folge auch die Synagoge in der Alleenstraße in Brand gesteckt und verwüstet worden war, verschärfte sich die Lage. Heinrich Schmal wurde im KZ Dachau interniert, kam allerdings gegen Ende des Jahres wieder frei. Er schaffte es, im Februar 1939 nach New York zu emigrieren, die betagten Eltern blieben zurück. Im Sommer 1939 erzwangen die Machthaber den Umzug des Haushalts in die Seestr. 75, einem „Judenhaus“. In der exponierten Wohnlage Myliusstraße waren Juden nicht mehr erwünscht.
Am 22.12. 1941 wurde das Ehepaar Dr. Schmal endgültig aus der Stadt vertrieben und wie andere jüdische Familien nach Baisingen bei Horb zwangsweise umgesiedelt. In beengten Wohnverhältnissen hausend, existenziell vernichtet und psychisch im Ausnahmezustand waren die Familien den Schikanen ausgesetzt. Ende 1941 begannen die Deportationen.
Dr. David und Selma Schmal wurden am 22. August 1942 mit dem Transport XIII/1 von Stuttgart aus nach Theresienstadt verbracht. Es folgten fast zwei Jahre im Getto.
Dann, am 16. Mai 1944, rollte Transport Ea 567 von Theresienstadt nach Auschwitz. Die Häftlinge wurden unmittelbar nach Ankunft in die Gaskammern geschickt.

Otto Lechner

Bildmontage unter Verwendung von Portraitfotos von Dr. David und Selma Schmal aus dem Bestand des Stadtarchivs Ludwigsburg