Die 20jährige braucht Hilfe und wird ermordet
Mörikestraße 70
Charlotte Schörg kommt am 30. August 1920 in Ludwigsburg zur Welt. Sie ist das vierte Kind von Gustav und Wilhelmine Schörg. Komplikationen bei der Geburt verursachen eine schwere Behinderung. Charlotte ist gelähmt und auf vollständige Pflege und Versorgung angewiesen.
Im Alter von sechs Jahren ist sie für kurze Zeit in der Heil-und Pflegeanstalt in Stetten untergebracht. Sie wird von dort wieder zur Familie nach Ludwigsburg entlassen, weil sie nicht „bildungsfähig“ sei.
Die familiäre Situation ist durch die kriegsbedingte Erkrankung des Vaters schwierig. Ein Jahr nach dem Umzug der Familie von der Lindenstrasse in das eigene Haus in der Mörikestraße 70 stirbt Gustav Schörg 1931.
Für die gesundheitlich angegriffene Mutter von Charlotte ist die Pflege ihrer kranken Tochter kaum noch zu bewältigen. Aus diesem Grund beantragt der Ludwigsburger Hausarzt im November 1940 erneut die Aufnahme Charlottes in die Heil-und Pflegeanstalt in Stetten.
Die Anstaltsleitung lehnt den Antrag „wegen Überfüllung“ ab. Zu diesem Zeitpunkt sind bereits in fünf Transporten Bewohner/innen der Anstalt im Rahmen der Aktion T4, nach Grafeneck gebracht und dort ermordet worden.
Anfang März 1941 wird Charlotte Schörg in die Heilanstalt in Weinsberg aufgenommen. Wenige Wochen später, am 31. März 1941 wird Charlotte Schörg mit anderen Patienten gemeinsam in die Tötungsanstalt nach Hadamar gebracht. Unmittelbar nach ihrer Ankunft werden die Menschen durch Gas ermordet.
Gudrun Karstedt
Zum Schicksal von Charlotte Schörg sind ergänzende biografische Angaben erschienen in der Veröffentlichung von
Christian Hofmann
Kinder – „Euthanasie“ und das Gesundheitsamt Ludwigsburg
Opferschicksale aus Ludwigsburg geben Einblicke in die Bürokratie der Vernichtung im Nationalsozialismus
Ludwigsburger Geschichtsblätter Band 75/2021
Seite 140-173
Darin enthalten: Einzelschicksale aus Ludwigsburg
Erna Wolf – Hans Mayer – Anita Henk –
Margarete Michelfelder – Charlotte Schörg