Elfriede Mack

Brenzstraße 21

 

Elfriede Mack wurde am 8.7.1890 in Ludwigsburg in der Franzosenstraße 74 (heute Martin- Luther Straße) geboren. Ihr Großvater Georg Adolf Mack war Landwirt und Gemeinderat in Ludwigsburg.  Ihr Vater war Otto Mack, Fabrikant und Inhaber einer Gipsfabrik, geboren am 24.3.1860, die Mutter war Bertha Mack, geb. Keppler. Sie hatten noch eine Tochter, Margareta, geboren 1888 und einen Sohn, Hans Otto Mack, geboren 1896, der nach dem Tod des Vaters 1927 die Fabrik übernahm. Er kam dann auch für die Anstaltskosten auf. Ab 1906 zieht die Familie in die Holzstraße 21 (heute Brenzstraße) um, die Fabrik bleibt in der Franzosenstraße 74.

Elfriede Mack als Kind mit Mutter und Schwester

Aus dem ersten ärztlichen Bericht der Universitätsklinik Tübingen für Gemüts- und Nervenkrankheiten vom 18. April 1912 erfahren wir mehr über das Leben von Elfriede Mack.

In der Anamnese heißt es: „Normale Entwicklung. In der Schule lernt die Pat. gut, sie war fleißig, zärtlich, ein liebes, folgsames Kind, nicht eigensinnig. Mit 14 Jahren kam Pat. nach England, kam nach zwei Jahren (1906) verändert zurück, sprach ein Kauderwelsch von Englisch und Deutsch, dabei Hochdeutsch. Wollte Schauspielerin, Lehrerin werden.“

Wo und bei wem sich Elfriede Mack in diesen zwei entscheidenden Jahren ihrer jugendlichen Entwicklung aufhielt, ist nicht bekannt.

Der ärztliche Bericht hält weiter fest, dass nach ihrer Rückkehr eine allmähliche Veränderung eintrat. Sie wurde „ unfreundlich, abweisend, besonders gegen die Mutter, reizbar, aß wenig.“

Elfriede hatte aber durchaus eigenen Vorstellungen von ihrer Zukunft, sie besuchte gegen den Willen der Eltern eine Vorbereitungsschule für Lehrerinnen in Stuttgart. Für eine, nach damaligem Recht noch nicht einmal volljährige, junge Frau ein ungewöhnlicher Schritt. Der Anteil weiblicher Lehrer an der gesamten Lehrerschaft war damals äußerst gering. Das Examen fiel jedoch schlecht aus, der ärztliche Bericht hält fest: „darüber abgehärmt, schlecht geschlafen, viel geweint.“ Zur Erholung fährt sie in ein Nordseebad, wo sie an einem Abend ins Meer rennt und nur mit Mühe zurückgehalten wird. Der Bericht wertet dies als einen Suizidversuch. Ende August ist sie wieder zu Hause und ab dem 16. September 1909 in der Klinik in Tübingen, wo sie drei Jahre bleibt.

(In der Familie gibt es die Legende, Elfriede hätte eine Jugendliebe gehabt, die von der Mutter absolut nicht geduldet wurde – was bis zum Einsperren ins Haus geführt hätte. Diese Belastungen hätten zu großen Depressionen geführt, was letztlich zur Einweisung in die Heilanstalt geführt habe. Mitgeteilt von der Nichte)

Unter der Überschrift „Status präsens“ hält die Tübinger Klinik fest, dass die Patientin sehr groß ist (180cm, an einer anderen Stelle sind 183 cm vermerkt), ihr Ernährungszustand, ihre Temperatur, ihre Gehirnnerven, ihrer Sensibilität, ihre Reflexe und ihre Inneren Organe zeigen alle einen normalen Befund.

Als Diagnose wird festgehalten: „Hebephrenie, Diagnose ungünstig“. Zu dieser Diagnose findet man im Klinischen Wörterbuch: „.. so genanntes Jugendirresein, Bezeichnung für eine Form der Schizophrenie, die sich zwischen dem 15. und 25. Lebensjahr manifestiert. Symptome sind unter anderem Veränderung des Affekts, Zerfahrenheit, Antriebsverarmung.“

Am 23. April 1912 erfolgt die Aufnahme in der Heilanstalt Weinsberg, sie wird hier die restlichen 28 Jahre ihres Lebens verbringen.

Die dort erstellte Krankenakte enthält zunächst recht ausführliche Berichte, im weiteren Verlauf des Aufenthaltes werden die Eintragungen immer knapper und gleichförmiger, die Eintragungen für die Jahre 1936 bis 1938 umfassen z.B. nur noch ein Blatt. Beispielhaft ist ein Eintrag vom Januar 1921: „Kümmert sich nicht um ihre Umgebung, gibt höchst selten einmal auf eine Frage die Antwort “Ich weiß net“, (…) schreit und singt unbeirrt weiter, lacht viel vor sich hin, (…) die sprachlichen Äußerungen sind meist ohne Zusammenhang.“

Ferner heißt es immer wieder, dass sie „grimmasiert“, sich nicht sauber hält und ständig blutig kratzt, weshalb sie Handschuhe tragen muss. Über Besuche der Eltern freut sie sich, „schwätzte aber immer in der Unterhaltung ihre zusammenhanglosen Worte dazwischen.“  Ein anderer typischer Eintrag vom Januar 1940 hält fest: „ Jahraus jahrein dasselbe Verhalten. Liegt lächelnd Selbstgespräche führend im Bett, kratzt sich immer noch gern das Gesicht wund.“

Nach dem Tod des Vaters übernimmt der Bruder die Kosten für die Unterbringung. Diese betrugen in Weinsberg im Durchschnitt 1,80 bis 2,60 Reichsmark. Für Elfriede wurde jedoch der höchste Tagessatz von 4,-RM bezahlt.

Der letzte Eintrag vom 25. Januar 1940 lautet:“ Wurde in eine andere Anstalt verlegt“.

Dieses Datum der Ankunft in Grafeneck ist gleichzeitig das von der Gedenkstätte bestätigte Todesdatum, auch wenn das Familienregister im Stadtarchiv Ludwigsburg den 7. Februar 1940 angibt.

 

Christian Rehmenklau