Folteropfer im «Hotel Silber»
Bietigheimer Straße 21
Franz Anton Martin wurde am 6. März 1905 in Empfingen im Kreis Tauberbischofsheim als Sohn einer Arbeiterfamilie geboren. Er erlernte den Beruf des Tischlers. Schon früh gehörte er der Gewerkschaft an und war ein aktives Mitglied der KPD.
Am 10. März 1932 heiratete er Gertrud Pfleiderer, wobei aus dieser Ehe keine Kinder hervorgingen. Das Ehepaar wohnte in der Bietigheimer Straße 21 in Ludwigsburg. Zu der Zeit war er bei der Schreinerei Jenner & Söhne in Ludwigsburg beschäftigt, wo er bis zu seiner Verhaftung blieb.
Nach der Machtergreifung der Nazis setzte Franz Martin seine politische Tätigkeit in der kommunistischen Arbeiterbewegung in der Illegalität fort. In seiner Wohnung in der Bietigheimer Straße wurden viele Jahre später, lange nach dem Ende der faschistischen Herrschaft, Unterlagen der kommunistischen Partei hinter einem Küchenschrank gefunden. Wie man sich im «Täle» berichtete, durchaus zum Schrecken seiner Vermieterin, die sich ausmalte, was passiert wäre, wenn das Material bei einer der Hausdurchsuchungen seinerzeit entdeckt worden wäre.
Bei seiner illegalen Arbeit wurde Franz Martin als Kurier und Verbindungsmann zu verschiedenen Widerstandsgruppen eingesetzt. Sein ganzes «Büro» brachte er in mehreren Streichholzschachteln unter, so dass er notfalls sämtliche Unterlagen schnell und unauffällig vernichten konnte.
Trotz aller Vorsichtsmaßnahmen wurde er am 10. November 1935 durch die Gestapo verhaftet und in der Gestapo-Zentrale im «Hotel Silber» in der Stuttgarter Innenstadt festgehalten.
Als Grund für die Schutzhaft wurde angegeben: «Das Ergebnis der Ermittlungen ergab, dass der Beschuldigte sich illegal für die KPD betätigt hat. Seine Tätigkeit bedeutet Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit.»
Die folgenden 20 Monate verbrachte Franz Martin in Untersuchungshaft, hier besuchte ihn Gertrud, seine Frau.
Die Folgen der Haft waren schlimm. Schwere Misshandlungen durch die Gestapo führten zu einer zersplitterten Kniescheibe. Er konnte sich nur noch hinkend fortbewegen. Das Landgericht Stuttgart urteilte: «Verurteilung wegen Vorbereitung zum Hochverrat» – Franz Martin wurde politisch verfolgt wegen antifaschistischer Betätigung als überzeugter Kommunist.
Seine Verurteilung führte zu zwei Jahren und sechs Monaten Zuchthaus in Ludwigsburg. Nachdem das Zuchthaus durch fortlaufende Verhaftungswellen überfüllt war, wurde Franz Martin für drei Monate ins KZ Welzheim verschleppt.
Im Jahre 1939 wurde er für fünf Monate ins KZ Dachau und danach ins KZ Mauthausen für vier Monate gebracht.
Am 5. Januar 1940 starb Franz Martin dort, die angebliche Todesursache: «Nichteinhaltung der Diät».
Seine Beisetzung erfolgte auf dem neuen Friedhof in Ludwigsburg, wo sein Grab sich noch heute befindet.
Nach Kriegsende wurde eine Entschädigung für «Schaden an Leben und Freiheit» in Form von Zahlungen an die Witwe geleistet. Diese wurde Mitglied der Vereinigung der Verfolgten des Nazi-Regimes (VVN) und der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD), um die Ziele ihres Mannes nicht in Vergessenheit geraten zu lassen. Sie wurde Trägerin der Ehrenmedaille des deutschen Widerstands.
Isabel Eckel / Jochen Faber
Quellen:
Entschädigungsakten im Staatsarchiv Ludwigsburg Stadtarchiv Ludwigsburg Informationen der VVN-BdA Gespräch mit Günther Vogt, Verein Untere Stadt
Fotomontage oben: Gebäude Bietigheimer Straße 2008, Portrait Franz Martin aus «Streiflichter»