… kennt den Namen unseres Königs nicht
Talstraße 11
Über Friederike Katharina Baudermann ist bekannt, dass sie am 11. Januar 1869 geboren wird – ob in Scharnhausen oder in Ludwigsburg, darüber gibt es verschiedene Angaben. Sicher ist den Unterlagen zufolge: Die Familie lebt in Ludwigsburg in der Talstraße 11.
In einem ärztlichen Zeugnis von 1911 heißt es, neben der Diagnose Schwachsinn: „ […] sie kann wohl lesen, dagegen kann sie nicht die einfachsten Rechenexempel lösen […]. Sie kennt den Namen unseres Königs nicht und nicht den der Königin, von Geschichte weiß sie gar nichts, von der Bibel beinahe nichts.“
Friederike Baudermann ist arbeitsfähig und wohnt um 1911 offenbar bei ihrer Familie. Eine Schwester wohnte in Breslau, eine andere in Aalen. Vielleicht aus diesem Grund wird sie 1911 von Ludwigsburg in die Diakonissenanstalt in Schwäbisch Hall eingewiesen. Wo hauptsächlich junge Frauen zu Diakonissen ausgebildet wurden, wohnten auch bis zu 500 behinderte Frauen und Kinder.
1940 werden von hier 256 Bewohner nach Weinsberg gebracht und von dort aus bald darauf an die Orte ihrer Ermordung transportiert. Friederike Baudermann ist eine von ihnen. Sie wird am 20. November 1940 von Schwäbisch Hall abtransportiert und im März 1941 von Weinsberg aus „in eine andere Anstalt verlegt“, wie es ihre Akte vermerkt.
Die Gedenkstätte Hadamar in Mittelhessen teilt mit: „Weinsberg war zu diesem Zeitpunkt eine sogenannte Zwischenanstalt für die Tötungsanstalt Hadamar. Von dort gelangte Frau Baudermann in einem Transport mit 80 weiteren Patienten am 10. März 1941 nach Hadamar. Die Patienten eines solchen Transports wurden in der Regel noch am Tag der Ankunft in die im Keller der Anstalt befindliche Gaskammer geschickt und ermordet.“
Die Anstalt Hadamar teilt Anfang Juni 1941 dem Städtischen Sozialamt Ludwigsburg mit, „[…] dass die Sozialrentnerin Friederike Baudermann, geb. 11. 1. 1869 in Ludwigsburg, am 30. März 1941 verstorben ist.“ In der Gedenkstätte weiß man aus trauriger Erfahrung: „Das damals offiziell mitgeteilte Todesdatum und die Todesursache wurden falsch angegeben, um Angehörige und Behörden zu täuschen.“
Gisela Scharlau