Eine Ludwigsburgerin wurde
im Alter von 50 Jahren ermordet
Goetheplatz 2
Nach dem Krieg von 1914, als man die Weltkriege noch nicht nummerierte, beschrieb Theodor Immanuel Linder, geboren 1891 in Ludwigsburg, seine ältere Schwester wie folgt:
„Meine Schwester Johanna hat als ältestes Kind und dazu noch als Mädchen immer tüchtig mithelfen müssen. Was hat sie schon in jungen Jahren geleistet! Sie besuchte die Töchtermittelschule und war eine sehr gute Schülerin. 1910 war sie in der Schweiz als Zimmermädchen bei Familie Pestalozzi-Brunner in Zürich.
Im Weltkrieg heiratete sie einen Freund von Ernst (Ernst ist der mittlere der drei Brüder), den Wiernsheimer Hauptlehrer Rometsch. (…) Leonhard fiel als Leutnant. Ein feiner Mensch, ein tapferer Soldat, ein beliebter Kompaniechef. Er ruht in Frankreich an der Marne. Johanna hat schwer an diesem Schicksal getragen. Man wird wohl annehmen dürfen, dass sie damals innerlich zusammengebrochen ist. (… )
Jahre nach dem Krieg heiratete sie den Oberpostinspektor Grünewald, Max. Der neue Schwager war ein alter Bekannter aus dem ‹Täle›. Sein Vater, der Schreiner im Walker’schen Orgelbau war, hatte neben uns im Täle Gut mit Haus. Die Grünewaldfamilie, besonders Mutter Grünewald – der Vater war längst gestorben – arbeitete an dieser Heirat. Max war ein einsamer Mensch, der jahrelang nicht mehr bei der Post beamtet war, da er gerne getrunken hatte. Weil er sich sonst nie das Geringste hatte zuschulden kommen lassen, wurde er 1919 in der Revolution wieder von der Post in Dienst genommen. Er hatte im Krieg seine Grabenpflicht getan (…).
Johanna bekam ein Kind – das Hannele. In Ludwigsburg hat Johanna mit ihrem Mann 1927 ein wundernettes Haus gebaut“ – gemeint ist das Haus am Goetheplatz 2.
Später vertraute Theodor Lindner seinem Tagebuch an, dass Johanna krank und in der psychiatrischen Klinik in Weinsberg sei. „Sie leidet unendlich unter dem Eingesperrtsein. Möge Gott ihr wieder die Gesundheit schenken!“
Doch nach gerade drei Monaten zuhause wurde Johanna Grünewald im September 1935 erneut eingewiesen. Im März 1941 wurde sie „ungeheilt entlassen“ und in die frühere hessische Landesheilanstalt Hadamar gebracht. Die dortige Gedenkstätte berichtet: „Von Weinsberg gelangte Frau Grünewald in einem Transport mit 80 weiteren Patienten am 10. März 1941 nach Hadamar. Da die Patienten eines solchen Transportes in der Regel noch am Tag der Ankunft in die im Keller der Anstalt befindliche Gaskammer geschickt und ermordet wurden, ist der 10. März 1941 als Todestag von Johanna Grünewald zu betrachten.“
Bildmontage unter Verwendung eines Fotos von Johanna Grünewald aus Familienbestand