Leben in der Anstalt war tödlich
Marktplatz 6
Maria Staiger wird am 14. Oktober 1873 in Hemmingen geboren. Am 12. Oktober 1901 heiratet sie in Schwäbisch Hall den fünf Jahre älteren Obersekretär Karl Christian Fritz (geboren am 13. Dezember 1868 in Heilbronn). Aus der Ehe gehen zwei Söhne hervor, Karl , geboren 1902 in Schwäbisch Hall und Emil Ewald, geboren 1905 in Ludwigsburg, wo die Familie fortan am Marktplatz 6 wohnt.
1912 tritt erstmals eine Nervenerkrankung bei Maria Fritz auf. Sie wird fünf Monate in der privaten Heilanstalt Kennenburg (Esslingen) behandelt. Sie leidet nach Einschätzung der Ärzte unter Verfolgungswahn, Halluzinationen und unter ständigem Heimweh und Sehnsucht nach ihren Kindern. In ihrer Akte aus Kennenburg finden sich rührende Brieffragmente und Zettel an ihre Kinder. Nachdem sie als „gebessert“ auf eigenen Wunsch entlassen wird, lebt sie zehn Jahre lang bei ihrer Familie in Ludwigsburg.
Im Mai 1922 begibt sie sich freiwillig wieder in die Behandlung der Kennenburger Ärzte. Von dort wird sie im August 1922 nach Weinsberg eingeliefert. Die Diagnosen lauten zunächst „manisch depressiv“ und „paranoid“, später dann Schizophrenie.
1927 zieht ihr Ehemann Karl Fritz nach Stuttgart, wo er schon 1936 stirbt. Danach übernimmt der älteste Sohn Karl die Pflegschaft für seine Mutter. Am 4. Juni 1940 wird ihm mitgeteilt, dass seine Mutter auf Anordnung des Reichsverteidigungskommissars in eine andere Anstalt verlegt worden sei. Am 24. Juni 1940 erhält er dann aus der Heil- und Pflegeanstalt Sonnenstein/Pirna die Nachricht, dass seine Mutter dort einem Hirnschlag erlegen und wegen Seuchengefahr eingeäschert worden sei.
Tatsächlich jedoch wird Maria Fritz am 4. Juni 1940 von Weinsberg aus direkt nach Grafeneck gebracht und noch am selben Tag ermordet.
In den Akten aus Weinsberg findet sich ein Foto der Maria Fritz von 1939. Die damals 66 jährige schaut ernst, aber klar in die Kamera. Ihre Krankheit sieht man ihr nicht an.
Gisela Scharlau