Sicher ist fast nur das Furchtbare
Schloßstraße 23
Oskar Mannheim – in Ludwigsburg zu Hause. Manchen einzelnen Hinweis geben die Akten über diesen Mann her, vieles bleibt Spekulation. Mit der Verlegung des Stolpersteins in der Schloßstraße wird die Erinnerung daran erhalten, dass er einer von uns war.
Sicher ist, soweit die amtlichen Unterlagen nicht trügen: Oskar Mannheim wurde am 21. Juni 1902 in Straßburg geboren. Sein Vater hieß Adolf Mannheim, seine Mutter Sofie Dorothea war eine geborene Leusch und kam aus St. Johann/Saarbrücken. Soweit bekannt, war sein Vater jüdischer Abstammung, er selbst war Mitglied der katholischen Kirche. Oskar Mannheim hatte eine Schwester namens Johanna und zwei Brüder, Kurt und Paul.
Sicher ist auch, dass Oskar Mannheim am 9. März 1934 heiratete: Maria Stemmer aus dem Kreis Saulgau wurde seine Frau. Die beiden wohnten in der Schloßstraße 23 in Ludwigsburg, die damals Vordere Schloßstraße hieß.
Ebenso ist sicher, dass Oskar Mannheim einen kaufmännischen Beruf hatte und in Feuerbach bei Bosch arbeitete – zuletzt allerdings nur in einem unaufälligen Bereich als Hilfsarbeiter.
Ob Oskar Mannheim tatsächlich der SPD nahestand, wie eine Quelle angibt, ist nicht genau belegt – entsprechende Unterlagen wurden während des Faschismus großteils vernichtet, auch um vor Verfolgung zu schützen.
Sicher ist: Am 29. November 1942 ist der offizielle Todestag von Oskar Mannheim, als Todesursache wurde Herzmuskeltrophie angegeben. Höchst wahrscheinlich starb er im Konzentrationslager Auschwitz – doch in einer Karteikarte der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN) wird als Todesort das KZ im österreichischen Mauthausen angegeben.
Vieles ist Spekulation: Kam Oskar Mannheim bei Bosch unter, weil die Firma in der NS-Diktatur sehr zweigleisig reiste? Einerseits präsentierte Bosch eine stattliche Anzahl höchst engagierter Nazis gerade auch in den oberen Rängen des Unternehmens, andererseits unterstützte es insgeheim die jüdische Gemeinde mit großen Geldsummen für die Flucht zahlreicher Stuttgarter Juden ins Ausland, und schließlich beschäftigte das Unternehmen auch etliche jüdische Mitarbeiter. Freilich zeigte das Unternehmen keinerlei Hemmungen, für die Vernichtungsfeldzüge der Nazis seine Produkte zu liefern oder Gefangene des NS-Regimes beispielsweise im Ludwigsburger Zuchthaus ebenso wie Zwangsarbeiter/innen aus dem Osten als Sklaven auszubeuten.
Wie auch immer – 1942 gab es für Oskar Mannheim keinen sicheren Schutz mehr.
Was der Anlass für ein Gerichtsverfahren gegen ihn war, ließ sich bisher nicht klären: Welchen Umfang der Vorwurf hatte, ob ihm politisches Engagement gegen die Nazis vorgeworfen wurde, ob es ein vorgeschobenes kaufmännisches Vergehen war, um ihm wegen seiner jüdischen Abstammung zu schaden – Spekulation.
Vieles ist also unsicher, wenn von Oskar Mannheim die Rede ist. Doch eines ist eben sicher: Die Nazis verfolgten ihn, sperrten ihn ein und ermordeten ihn schließlich, als er gerade 40 Jahre alt war – den Ludwigsburger aus der Schloßstraße 23.
Recherche: Max Bleif
Fotomontage oben: Schloßsstraße 2010, Portrait Oskar Mannheim nach Angaben der VVN aus „Streiflichter“